Die Blamage der Europäischen Volkspartei mit ihrer unwählbaren „Spitzenkandidatin“ zur Europawahl, Ursula von der Leyen, ist jetzt nicht mehr zu vertuschen. Neben persönlichen Querelen und Kritik an ihrem Führungsstil samt peinlichstem Postenschacher wird jetzt auch die Kritik an den politischen Inhalten der Kommission, dem Asyl- und Migrationspakt sowie Klimaschutz statt Wirtschaftspolitik immer lauter. In Brüssel stellt man sich bereits die Frage, ob von der Leyen überhaupt noch eine Kommission zusammenbekommt, die von EU-Rat und Europaparlament akzeptiert wird.
"Mann fürs Grobe" kalt abserviert
Nichts verdeutlicht den „schwierigen Charakter“ der EU-Kommissionspräsidentin klarer als die „Verabschiedung“ ihres bisherigen Mann fürs Grobe, Thierry Breton, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen. Mit dem „Digital Services Act“ hat er der EU Zensurmöglichkeiten geschaffen, die man bisher nur bei autoritären Regimes kannte.
"Fragwürdige Führung" und Mauschelei
Einen Tag vor der geplanten Vorstellung der neuen EU-Kommission warf der französische Kommissar seinen Job hin. Er hielt seiner Chefin von der Leyen „fragwürdige Führung“ und Mauschelei hinter seinem Rücken vor. Konkret soll sie Frankreichs Präsidenten Macron aufgefordert haben, aus „persönlichen Gründen“ einen neuen Kandidaten zu nominieren.
Freunderlwirtschaft, Willkür und Korruption
Mit seinen Vorwürfen, dass von der Leyen einen selbstherrlichen Führungsstil pflege, was allerdings auch auf ihn zutrifft, ist er nicht allein. Der deutschen CDU-Politikerin wurde immer wieder Freunderlwirtschaft, Willkür und sogar Korruption („Pfizergate“) vorgeworfen.
Beim sogenannten „Piepergate“ im Frühjahr, als sie ihren CDU-Parteikollegen Markus Pieper im Alleingang zum Beauftragten der EU für kleine und mittelgroße Unternehmen erheben wollte, haben gleich drei Kommissare schwere Vorwürfe gegen sie erhoben. Von Vetternwirtschaft und geschwärzten Dokumenten war die Rede. Dennoch wurde sie von der EVP für eine zweite Amtszeit aufgestellt.
Wie schon aus ihrer Amtszeit aus Berlin gewohnt, legt die CDU-Politikerin auch in Brüssel einen intransparenten, abgehobenen und autoritären Regierungsstil an den Tag. Die Kollegialität im Gremium hat sie längst abgeschafft, in der 13. Etage der Kommission thront sie über den Institutionen.
Intransparente, machtversessene Politik
So verlief auch die Bildung einer neuen übermächtigen EU-Kommission intransparent und unberechenbar im Büro der Präsidentin. Für die 26 neuen Kommissare wurden neue Zuständigkeiten und Phantasie-Ressorts zusammengezimmert, die nichts mit dem Ergebnis der Europawahl zu tun haben. So soll es künftig einen Verteidigungskommissar geben, obwohl die EU dafür gar nicht zuständig ist. Die Außenpolitik soll von einer Frau geleitet werden, die auf Kriegsfuß mit Russland steht – und deren Partei bei der Europawahl ein Debakel ereilt hatte.
Weiter am Weg in die Schuldenunion
Die Präsentation von Mario Draghi als Retter der europäischen Wirtschaft passte in ihre zentralistischen Bestrebungen, noch mehr Macht auf die Kommission zu vereinen. Seine Vorschläge, die im Endeffekt auf eine Schuldenunion hinauslaufen, zerpflückte der ehemalige Chefökonom der Europäischen Zentralbank (EZB), Jürgen Stark, in einem Interview mit der „Neuen Zürcher Zeitung“.
Das bereits laufende Programm „Next Generation EU“ mit einem Volumen von 807 Milliarden Euro wertete er als „entscheidenden Schritt in Richtung Finanz- und Transferunion“: „Ein Großteil der Mittel sind direkte Transfers, also letztlich Geschenke. Dafür gibt es in der EU keine klare rechtliche Grundlage. Wenn dieses Modell nun für andere Aufgaben benutzt wird, dann verlagern wir die Finanzierung dieser nationalen Aufgaben auf eine supranationale Ebene. Damit werden dann Eurobonds durch die Vordertür geschaffen.“
EZB kümmert sich um Dinge, die sie nichts angeht
In der EZB spielte ihre Freundin Christine Lagarde der Kommissionspräsidentin in die Hände, kritisierte Stark: Zu viele Leute pflegen dort ihre Hobbys wie Klimawandel, Gender-Fragen oder Einkommens- und Vermögensverteilung, statt sich auf ihre Kernaufgabe, die Preisstabilität, zu konzentrieren.
Warten auf Gerichtstermin zu dubioser Impfstoffbeschaffung
Am Dienstag hat Ursula von der Leyen ihre neue Kommission präsentiert. Wie lange sie selbst allerdings diesem Gremium angehören wird, wird wohl ein belgisches Gericht entscheiden. Denn nachdem Europaabgeordnete beim EuGH eine Offenlegung der „Verhandlungsunterlagen“ zur Impfstoffbeschaffung eingeklagt haben, wird der Auftritt der EU-Präsidentin bei der Anhörung am 6. Dezember mit Spannung erwartet.