„Nicht die Wahrheit einzuflößen, sondern rechtsstaatliche Dogmen errichten und auf deren Einhaltung auch zu beharren – so bekämpft man Radikalisierung im Netz wirkungsvoll. Wo liegt die Grenze der Wahrheit , und wer sagt, was wahr ist und was nicht? Wenn die Regierung ‚Truthfluencing‘ ausüben will, also die Wahrheit einflößen will, muss jemand bestimmen, was die Wahrheit und was die Desinformation ist. Wem will die Regierung das übertragen? Einem Wahrheitsministerium?“, so der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Christian Ries in Debattenbeitrag gestern, Mittwoch, im Nationalrat zu einem Entschließungsantrag von ÖVP und Grünen, mit dem der ÖVP-Innenminister eine „Truthfluencing“-Offensive zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Radikalisierung auf TikTok starten soll. Aus Sicht der Freiheitlichen sei das der falsche Ansatz. „Nicht die Wahrheit müssen wir zur Prämisse erheben, sondern das Recht und die Einhaltung des Rechts. Wer in den Sozialen Medien, egal auf welchem Kanal, zu einem Rechtsbruch, gegen den Staat und die Verfassung aufruft oder dazu auffordert, die Religion oder Pseudoreligionen über den Staat zu stellen und zu Gewalttaten animiert oder solche verherrlicht, der muss rechtlich zur Verantwortung gezogen werden – das muss auch für Plattformen gelten.“
Meinungsfreiheit innerhalb der Rechtsnormen muss garantiert sein
„Soziale Netzwerke wie TikTok bestimmen das Leben vieler Menschen nicht unwesentlich, bei manchen mehr, bei manchen weniger. Ein sogenanntes Selfie hat wohl schon jeder gemacht. Einen Kommentar auf Social Media wird wohl auch schon jeder hier im Raum abgegeben oder einen fremden Beitrag kommentiert haben. Warum auch nicht. Es herrscht Meinungsfreiheit, und solange Grenzen des Anstands und auch des Strafrechts nicht überschritten werden, darf sich hier jeder die Freiheit nehmen, die sich auch Zeitungs- und damit auch Meinungsmacher nehmen“, führte Ries aus.
Meinungen und Wahrheiten sind zwei Paar Schuhe
Böse würde es dann werden, so Ries, wenn Social-Media-Plattformen „zu Werkzeugen der gezielten Desinformation gemacht würden. Das ist dann der Fall, wenn ungeschminkt der Versuch unternommen wird, die Wahrheit zu überschminken, damit man wahre Absichten dahinter nicht erkennt. Jeder kann sich an den Satz ‚Mit der Einführung der Impfpflicht ist es eigentlich rechtswidrig, in Österreich zu wohnen und nicht geimpft zu sein‘ erinnern. Das war inhaltlich zwar vollkommener Unsinn, aber zum Einschüchtern hat es der schwarz-grünen Regierung gereicht. Ein anderes aktuelles Beispiel ist das Renaturierungsgesetz. Aus der Sicht der ÖVP ist es ein Eingriff in die Eigentumsrechte und gefährdet die Versorgungssicherheit. Die Zustimmung Leonore Gewesslers dazu ist laut ÖVP ein Rechtsbruch gewesen. Aus der Sicht der Grünen ist es angeblich ein Garant für gesündere Böden und mehr landwirtschaftliche Erträge. Die Rechtmäßigkeit der Zustimmung hat man sich durch Privatgutachten bestätigen lassen. Wer hat nun aber die Wahrheit, und wer die Unwahrheit gesagt? Beides kann ja nicht gleichzeitig wahr sein, zu diametral stehen sich die Aussagen gegenüber.“